Bürgermeister Götz Konrad

„Bonus für Bäder“ statt Millionen für Prestige-Projekte

Endlich was für Schwimmbäder tun

Klartext: Im Freizeitbad „Panoramablick“ haben wir viel investiert. Damit mehr Bäder aber mehr tun können, muss es Erleichterungen im Betrieb geben, habe wir vorgeschlagen. Ein „Bonus für Bäder“ muss dabei noch nicht einmal Geld kosten.

2021: Das Thema „Bonus für Bäder“, das wir seit Jahren vorschlagen, bekommt endlich Aufmerksamkeit und vielleicht auch Beachtung. Am 29. Juni darf ich auf Einladung vom „Behörden Spiegel“ bei einem Webinar „Kommunale Bäder – Handlungsstrategien zur Effizienzsteigerung“ vortragen. Und die DLRG, die sich mittlerweile auch auf das Retten von Schwimmbädern konzentriert, hat für September angefragt. Es wird Zeit, dass wir alle endlich was für Schwimmbäder tun.

2018: Für den Betrieb von Schwimmbädern fordern Gemeinden, Städte, Kreis und Sportler im Lahn-Dill-Kreis gezielte Unterstützung vom Land. „,Bonus für Bäder‘ statt Millionen für Prestige-Projekte“ steht über einem Offenen Briefes, der nicht nur von den neun Standort-Kommunen unterzeichnet worden ist; sondern der Aufruf wird auch von allen anderen Städten und Gemeinden, vom Landrat und vom neuen Sportkreis-Vorsitzenden unterstützt. Es geht nicht um Zuschüsse für Investitionen, sondern Entlastung beim laufenden Betrieb. „Und das kann ohne Mehrkosten über die Einwohnergewichtung im Kommunalen Finanzausgleich laufen“, sagt Götz Konrad, Bürgermeister der Gemeinde Eschenburg und Initiator des gemeinsamen Briefes.

Nach einem Super-Sommer, der vielen den Wert eines Schwimmbades wieder in den Blick gerückt hat, kommt wieder der Sanierungsstau in den Focus. Immer weniger Kinder lernen schwimmen, immer mehr Bäder müssen schließen, ähneln sich die Schlagzeilen in der ganzen Republik. Mit Förderprogrammen ist es nicht getan, zeigen die Gemeinden und Städte aus dem Lahn-Dill-Kreis auf: Knackpunkt ist für die kommunalen Schwimmbäder die Abschreibung, die erwirtschaftet werden muss. Mit den Lasten der Kreditfinanzierung aus der Vergangenheit obendrauf, erhöht sich der Druck, der dann mit jeder Haushalts-Debatte in den Gemeinde-Gremien immer wieder aufs Neue die Frage stellt, ob man sich ein Schwimmbad überhaupt leisten könne. „Diese ruinöse Diskussion hat in der Vergangenheit viele davon abgehalten, wichtige Sanierungsschritte zu gehen. Damit sie sich überhaupt an ein Förderprogramm wagen, muss die Angst vor den Folgekosten genommen werden“, erläutert Götz Konrad den Ansatz für den „Bonus für Bäder“.

Konrad selbst hatte vor der Reform des Kommunalen Finanzausgleichs (KFA) schon einmal vorgeschlagen, bei der so genannten Einwohnergewichtung den Kommunen mit Hallenbad mehr Gewicht zu geben. Dass dies nach Ansicht der Landesregierung nicht gehen soll, will der Schwimmbad-Zweckverbandsvorsteher so nicht stehen lassen: „Die 31 Kurorte bekommen aus dem KFA den ,Bäderpfennig‘, zusammen 13 Millionen Euro jährlich“, weiß Konrad. Und diese Hilfe hätten die Lahn-Dill-Kommunen auch gerne für Schwimmbäder, die das Rückgrat für Schulschwimmen und Vereinssport bilden.

Landrat Wolfgang Schuster unterstützt den „Bonus für Bäder“, weil sein Kreis schon beim Schulschwimmen die Kostenerstattung für die neun verbliebenen Schwimmbäder mit 4 € pro Teilnehmer harmonisiert hat. „Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und die Kostenerstattung solidarisch geregelt. Jetzt ist das Land dran“, sagt der Landrat.

Es waren vor nicht langer Zeit noch elf Hallenbäder im LDK-Land: In Schusters Heimatgemeinde Driedorf hat zwischenzeitlich das Hallenbad im Ortsteil Mademühlen schließen müssen; selbst die Hessentagsstadt Herborn riss ihr einst so stolzes Wellenbad ab. Seit dem Jahr 2000 hat in Deutschland jedes zehnte Schwimmbad geschlossen, wird vermutet. Genaue Zahlen hierfür kennt niemand, eher für das jährliche Defizit fürs Schwimmbad vor Ort.

Hessische Schwimmbad-Kommunen sind dankbar für Investitions-Hilfen wie das aktuelle Schwimmbad-Investitionsprogramm (SWIM) oder sein Vorläufer, das Hallenbad-Investitionsprogramm (HAI). Auch wenn für viele Landgemeinden zu kompliziert und ihr Vorhaben wohl nicht teuer genug, herrscht auch Dankbarkeit für das Förderprogramm des Bundes zur Sanierung von Sport-, Jugend- und Kultureinrichtungen.

„Für den Betrieb der Bäder braucht es Solidarität“, sagt Markus Deusing. Der Bürgermeister von Mittenaar war der erste, der den Offenen Brief unterstützte, obwohl seine Gemeinde überhaupt kein Schwimmbad hat. „Wir brauchen keine Millionen für Prestige-Projekte, sondern Kleingeld fürs Schwimmbad nebenan. Für das Schwimmbad, das Familien, Vereine und nicht zuletzt Schulen nutzen“, so Deusing weiter.

Nach dem Super-Sommer stehen nun nicht wenige Schwimmbäder wieder im Sanierungsstau, befürchtet „Bonus“-Initiator Götz Konrad. „Damit auch Schwimmbäder, die womöglich gerade jetzt vor schweren Schritten stehen, ohne Angst eine Ja zur Zukunft finden und nicht immer wieder diese ruinösen Diskussionen führen müssen, brauchen wir einen ,Bonus für Bäder‘, der uns einen Betrieb ermöglicht“, fordern Konrad und seine Kollegen vom Land.

Hintergrund: Der Offene Brief „,Bonus für Bäder‘ statt Millionen für Prestige-Projekte“ ist nach einer Bürgermeister-Kreisversammlung in Hohenahr von allen 23 Rathaus-Chefs im Lahn-Dill-Kreis, von Landrat Wolfgang Schuster und dem neuen Sportkreis-Vorsitzenden Ralf Koch unterzeichnet und unterstützt worden. Die Anfänge dieser Idee, Schwimmbad-Kommunen über den Kommunalen Finanzausgleich zu entlasten, ist unter www.freizeitbad-panoramablick.de/bonus im Internet erläutert. Hier ist der Offene Brief auch im Wortlaut zu finden.