Bürgermeister Götz Konrad

Wir haben uns in Hessen lange dafür geschämt für unseren Dialekt. Grund dafür: Kontrastive Sprachhefte „Dialekt : Hochsprache“ markierten Mitte der 1970er Jahre alles das, was Spaß macht, als Fehler. Alles falsch. Dialekt macht doof. Mundart ist „bäuerlich“, macht blöd. „Hessisch“ wurde als antiquiert abgetan.

Wir haben uns in Hessen zu lange gestritten, was „Hessisch“ ist. Unsere Sprachgeschichte in Hessen ist ein Schatz an sich. Diese Vielfalt ist über Jahrhunderte entstanden. Bei der Mitteldeutschen Lautverschiebung zum Beispiel haben die einen nicht jede „Mode“ mitgemacht, andere haben sich bewusst für eine Aussprache oder einen neuen Ausdruck entschieden. Sprache ist lebendig, Sprache lebt vom Gebrauch.

Hessens Vielfalt zum Klingen bringen – das ist bei unserem Dialekt-Dachverband MundART das Motto bei der Aktion Schatzsucher, hörbar auch beim MundART-Festival und nun auch beim Mundart-Preis des Landes Hessen.

ZDF-Reporter Peter Theisen ist am 7. Mai 2024 fürs ZDF-Mittagmagazin (Video ab 11:37) der Frage nachgegangen „Wie deutsche Dialekte retten?“ Und auch bei „Hallo Hessen“ konnte ich am 10.05.2024 zwei Mal Fragen beantworten.

Man kann bei Mundart nichts falsch machen, außer es nicht zu versuchen! Mit den Bierdeckeln kommt man ins Gespräch. Die Nachhaltigkeitsziele auf Bierdeckeln war nicht neu. Nur das Ziel, hierauf „Hessisch“ nachhaltig anzubringen war neu. Aus der Restauflage habe ich den Minister, die Akteure des Festivals und die Crew beim Fernsehen damit einen Denkzettel gegeben. Im positiven Sinne, hoffe ich. „Lebbe gehd weider“ – den Satz hat Dragoslav Stepanovic geprägt. Eintracht-Trainer-Legende „Stepi“ ist Ur-Hesse, meine ich. Deshalb war der Vorschlag, diesen Satz für das Ziel „Nachhaltige Städte und Gemeinden“ zu nehmen, auch zielführend. Das alles ist Hessisch!

Wie geht das Leben weiter? Mit Mundart. Der Hessische Rundfunk hat, wer hätte das gedacht, mit Hessenquiz und der Mundart-Frage Dialekte in Hessen am Leben gehalten. Jetzt gibt es eine Chance, in Hessen endlich mit vielen Stimme und einem Stolz zu sagen: Das alles ist Hessisch – die Vielfalt ist das Hessische an sich. Es ist 40 Jahre her, da hat in meiner Nachbargemeinde Angelburg eine Band namens „Odermennig“ die Platte „Gemorje Hinnerlaand“ mit Lieder, Lyrik & Burlesken in mittelhessischer Mundart herausgebracht. Die Lieder kommen heute noch zeitlos daher. Ein Jahr später legte die Band „Fäägmeel“ los, die zwei Jahrzehnte auf den Bühnen zuhause war und bis heute die Mentalität vieler Mittelhessen ausdrückt.

Klar, die Lieder von „Fäägmeel“ drehten sich auch nicht nur um landwirtschaftliches Gerät wie die „Fegemühle“, die heute keiner mehr kennt. Aber Mundart trennt auch die Spreu vom Weizen…Deshalb sollten wir vielfältigen Hessen und mehr Verständnis entgegenbringen und mit breiter Brust sagen: Hauptsache Hessisch!

Von Dark Vatter bis Rhöner Säuwänzt – das alles ist Hessisch. Hauptsache Hessisch!